Wissen oder kennen?

Wen oder was kennst du am besten?

Dich? Deine Mutter oder deinen Bruder? Russische Romane des 19. Jahrhunderts?

Kennen heißt etwas Wahres und Bleibendes über X zu wissen. “Ich kenne dich” bedeutet mehr als nur zu wissen was dein Lieblingsessen ist oder wie deine Mathelehrerin heißt. Mehr als was sich ständig ändern kann, denn auch die Mathelehrerin kann den Namen ihres Mannes annehmen oder du könntest morgen keine Mathelehrerin mehr haben, weil du 1+1 ohne Taschenrechner rechnen kannst.

Das Wissen habe ich im Griff.

Das Kennen übersteigt mich.

Andererseits scheint das Wissen gewissermaßen sicherer zu sein, oder kann ein Gefühl von Sicherheit erzeugen. Denn Fakten wie der Geburtstag werden sich nie ändern. Dieses Wissen habe ich im Griff. Oder wie in meinem Fall: Nur weil ich deinen Geburtstag nicht weiß, heißt es nicht, dass ich dich nicht kenne ;).


Das Kennen hingegen übersteigt mich, da es sich im wahrsten Sinn des Wortes auf eine andere, lebendige Person bezieht, und nicht auf eine Sache.

Jeder Mensch ist ein Geheimnis und bleibt es, auch wenn ich dich ein Leben lang zu ergründen versuchte, hätte ich diese Kenntnis nie wirklich im Griff.

Denn du bist letztendlich unbegreifbar. Und das ist gut so.

Ich kann das "Dich zu kennen" letztendlich nie recht in Worte fassen.

In jener Zeit sprach Jesus:

Ich preise dich, Vater,

Herr des Himmels und der Erde,

weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen

und es den Unmündigen offenbart hast.

Ja, Vater,

so hat es dir gefallen.

Matthäus 11:26

Das Kennen ist relational, lebendig und führt in Beziehung. Das Wissen ist oft nützlich, aber faktisch tot, bewegungslos.

Wenn ich zu dir sage: "Peter, ich weiß, du bist ein Lehrer." meine ich vielmehr: "Peter, ich kenne dich, und weil ich dich kenne, weiß ich, dass du ein Lehrer bist." Und dieses Lehrersein könnte sich nicht einmal nur auf den Beruf beziehen, sondern auf die Art und Weise wie du in der Welt bist. Wie du denkst, sprichst, handelst. Wie ein Lehrer. Jemand, der Wissen, ja sogar Weisheit anderen Menschen gut vermitteln kann.

Zu kennen heißt zu lieben.

Nur weil ich mir deinen Geburtstag nicht merken kann, heißt es nicht, dass ich dich nicht liebe.

Zu kennen heißt etwas über dein Sein zu erkennen, wie du wahrhaft bist. Und alles was ist, was reell und wahrhaftig ist, ist gut. Und ich liebe das, was gut ist. Und alles was gut ist, ist schön. Und je mehr ich dich erkenne und kenne, desto mehr liebe ich dich.

Nicht die Lügen über dich, die in mir manchmal ein und ausgehen, die auf Lügen über mich und über die Welt gestützt sind. Nein, “Ich kenne dich und ich sehe dich” heißt, die Wahrheit über dich zu wissen, hinter der Maske, ohne Filter. Wer du wirklich bist. Dich zu (er)kennen heißt dich zu lieben, für dein Sein, für dich.

Die Frage lautet nun: Will ich dich lieben?

Ja, will ich dich lieben? Falls ja, werde ich versuchen dich zu kennen. Über die Tatsache hinaus, dass deine Lieblingsfarbe für den Moment gelb ist, wie die Sonne.

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