Geschrieben von Theresa Nhật Lai Ngô am Freitag, 28. März 2025,
3. Freitag der Fastenzeit
Eiskalte Fragen
“Warum hast du dein Land verlassen?”
Diese Frage musste meine Mutter oft von mir hören. Ich fragte damals nicht aus Neugier, sondern mit dem unausgesprochenen Vorwurf: "Wärst du doch dort geblieben, dann würde es dir besser gehen." Meine Mutter merkte das wahrscheinlich.
“Für dich und deinen Bruder”, antwortete meine Mutter immer wieder und erzählte daraufhin die dramatische Geschichte wie sie mit uns aus ihrer Heimat Vietnam auswanderte.
Es war Winter 1993.
Meine Mutter trug mich Zweijähriges im Arm. Mein Bruder war neun Jahre alt und ging neben uns her. Es war nachts irgendwo in Sibirien. Eine junge Frau mit zwei kleinen Kindern in einem unbekannten Land.
Dunkelheit, eiskalte, trockene Luft und ein Wind der bis in die Knochen ging.
Meine Mutter setzte ein Bein nach dem anderen durch das hüfthohe Eiswasser, um den Fluss zu überqueren. Im Herzen trug sie die Sorge um ihr eigenes Leben, aber vor allem um das Leben ihrer Kinder.
Ich war in ihrem Arm und ruhte in diesem sicheren Hafen. Ich war zu jung, um mich daran zu erinnern.
Aber ich konnte diese Geschichte als Kind nie ertragen. Ich sah ihre Mühen mit Deutschland, der Sprache, der Kultur. Dann auch noch die harte physische Arbeit, Tag ein, Tag aus. Ich wollte, dass sie glücklich ist. Und scheinbar war ich Schuld an ihrem Unglück.
So reagierte ich oft trotzig:
“Warum hast du für mich solche Leiden auf dich genommen?” fragte ich sie. Und fügte verzweifelt hinzu: “Ich hab dich doch gar nicht darum gebeten.”
Als ich jünger war, wollte ich ihr mütterliches Opfer nicht annehmen und verschloss mich so auch vor ihrer Liebe. Ich wollte nicht wahrhaben, dass ich der Grund für ihr Leiden war.
Andererseits muss es aber ein noch viel größerer Schmerz sein, wenn das eigene Kind die Liebe und die Opfer ablehnt, die eine Mutter ihm schenken will.
Mit Mutter und Bruder in Vietnam vor der Auswanderung
Maria, meine himmlische Mutter, hat mir geholfen mein Herz zu öffnen, um die Liebe meiner leiblichen Mutter anzunehmen.
Und auch das Leid, das mit dem Empfang dieser mütterlichen Liebe einhergeht. Die Opfer die sie bereits gebracht hat, damit ich Leben kann.
Opfer zu bringen liegt in der Natur einer Mutter. Alles für ihr Kind zu geben.
Heute ist mein Herz weiter geöffnet für meine Mutter.
Und für ihr gewaltiges Opfer für mich.
Natürlich ist es ein Weg. Manchmal immer noch ein schmerzhafter Weg.
Und doch es ist es das wert. Sie ist es wert.
All das Dank und durch Maria.
Wie ein Säugling, das sich mit einem unbegrenzten Vertrauen in ihre schützenden Arme wirft, vollkommen abhängig von den göttlichen Gnaden, die von Gott durch sie zu mir fließen. In ihrem Schoß bin ich sicher und geborgen. Sie opfert ihr Leben für mich und schenkt mir alles.
Selbst ihren wertvollsten Besitz, ihren vielgeliebten Sohn.
Einfach, weil sie meine Mutter ist.
So ist es.
Der schönste Ort auf Erden ist...
...im Schoße meiner Mutter
Maria,
unsere liebe Frau der Gnaden,
Mutter der Schmerzen,
Mutter der Barmherzigkeit,
nimm unsere Undankbarkeit,
allen Schmerz den wir Kinder dir bereitet haben,
alle Tränen die du wegen uns vergossen hast und
alles Unheil das wir vor allem in den Beziehungen mit unseren Müttern erfahren haben,
nimm es auf in deinen Schoss, in dein Herz,
und verwandle alles und uns in ein Geschenk, dass dir und deinem Sohn Jesus wohlgefällt.
Schenke uns dein Herz, damit wir in die Gnadenströme, die zwischen dir und der allerheiligsten Dreifaltigkeit, fliessen,
eintauchen können.
Mit Gott, deinem Vater,
mit Gott, deinem Sohn,
mit Gott deinem Bräutigam den Heiligen Geist.
Amen.
Meine Mutter hatte während ihrer Stillzeit so viel Milch, dass sie die Nachbarskinder miternähren konnte.
So stelle ich mir Maria vor. Eine unausschöpfliche Quelle der Milch, die uns nährt und wachsen lässt. Die gleiche Milch, die Jesus, unser Gott und König, gekostet hat, dürfen auch wir verkosten. Wir neigen uns an ihre Brust, an ihr Herz, aus dem Ströme der Gnaden unaufhöhrlich von Gott durch sie zu uns fliessen. Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Amen.
Vietnam, 1962: Mama auf dem Schoß von Oma.
Vietnam, 1985: Zwei Schwestern, zwei Mütter.
Übersetzung von Mẹ Yêu (Geliebte Mutter) einem vietnamesischen Lied
Mit vielen Schwierigkeiten und Mühsal hast du mich geboren.
Du wiegst mich in den Schlaf und liebst mich so innig.
Wünschst mir, dass mir immer Güte und Zärtlichkeit,
und dass ich gut schlafe.
Um deiner geliebten unschuldigen Kinder willen.
So viele Lebensjahre hast du für mich geopfert.
Mama, du warst bei mir.
Mama, du hast mich großgezogen.
Immer an meiner Seite, um mir zu raten, ein guter Mensch zu sein.
Mama, du liebst mich, dein Kind, mehr als das Leben.
Wünschst mir, dass ich das Leben lieber und immer glücklich bin.
Wie groß ist die Liebe zu mir!
All die Nächte, in denen du mich in den Armen hieltest und weintest, bis meine Schulter mit deinen Tränen benetzt war.
Mama, weißt du, dass ich dich so sehr liebe.
Auch wenn mir die Worte fehlen, möchte ich es unbedingt sagen.
Der Stern, der für mich die Nacht erhellt, ist meine geliebte Mama.
Wiegenlied in meinem Traum ist meine geliebte Mama.
Mama ist der Vogel, der mich weit weg fliegen lässt.
Mama wärmt meine Seele, meine geliebte Mama.
Meine geliebte Mama führt mich durch so viel Schmerz.
Die Stimme, die ich für immer rufe ist die meiner geliebten Mama.
Mama, verlass mich nicht für immer, o liebe Mama.
Danke, Mama.
Er kann doch nicht in den Schoß seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal geboren werden.
Jesus antwortete ihm: Amen, amen, ich sage dir:
Wenn jemand nicht von neuem geboren wird,
kann er das Reich Gottes nicht sehen.
Nikodemus entgegnete ihm:
Wie kann ein Mensch, der schon alt ist, geboren werden?
Er kann doch nicht in den Schoß seiner Mutter zurückkehren
und ein zweites Mal geboren werden.
Jesus antwortete: Amen, amen, ich sage dir:
Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird,
kann er nicht in das Reich Gottes kommen.
Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch;
was aber aus dem Geist geboren ist, das ist Geist.
Wundere dich nicht, dass ich dir sagte:
Ihr müsst von neuem geboren werden.
Johannes 3:3-7